2008. Ich bin 10. Mein Bruder reißt Hysterisch die Tür auf. „Komm, hör dir das an!“ Er drückt Play auf diesem 20 Euro Cöp CD Player. Ein Beat schlägt in mein Kinderzimmer wie ein Gewitter. Mein Kopf fängt an zu nicken. Ich bin 10, aber in meinem Kopf boxe ich fünf Leute gleichzeitig weg. Der Bass trifft mein Herz wie ein Vorschlaghammer. Mein Bruder schreit: „Warte, jetzt kommt’s… hör zu!“ „WAS JUCKT MICH DAS, DU KLEINER HUNDESOHN?! ICH BIN KURDE, BEI UNS IST KÄMPFEN TRADITION!“ Dann dieser Satz. „Jiyanamin bijî Kurd û Kurdistan“ Mein Herz bleibt stehen. Zum ersten Mal höre ich kurdischen meinen Namen in einem Track. Jiyan. Ich dreh durch. Mein Körper will Flickflacks machen, aber alles, was rauskommt, sind hyperaktive Luftsprünge mit meinem Bruder. Das war kein Lied. Das war ein Erwachen. Zum ersten Mal höre ich einen Kurden nicht flüstern. Nicht erklären. Nicht bitten. Sondern brüllen. Laut. Stolz. Unverhandelbar. Nicht geduckt, sondern aufrecht wie ein Berg, fest und unbewegbar. Und ich? Ich hörte auf, Mitleid zu wollen. Ich wollte Respekt - für mein Volk. Für unsere Namen. Für unsere Geschichte. Xatar, Onkel. Lass die anderen über deinen Einfluss im Rap reden. Ich rede über das, was du in uns geweckt hast: In einer Generation von Kurden, die zwischen Scham und Schweigen aufwuchsen. Du warst unser Sprachrohr. Unser Stolz. Unser Wegöffner. Du hast uns beigebracht, dass man kein Blatt vor den Mund nimmt, wenns um unsere Wurzeln geht. Heute mache ich Kunst. Und das wichtigste Detail in meiner Kunst? Ein X im Namen. Ein stilles „Fick dich“ an jeden, den es stört, dass all meine Charaktere Kurden sind. Heute feiern uns alle Nationalitäten. Damals war das unvorstellbar. Ich hatte immer gehofft, dass meine Reise mich irgendwann zu dir führt. Nicht für einen Feature, nicht für einen Move, nicht mal für Business. Einfach nur für einen Grillteller und ein Onkel-Gespräch. Kein Tod hätte mich so treffen können wie deiner. Du hast uns Mut geschenkt. Und Stolz. Dein Vermächtnis lebt in uns weiter. Rahma Xwedê lê be.
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